Die erste Duisburger Konferenz für nachhaltige Mobilität befasste sich mit der Frage, wie die Menschen in Duisburg in Zukunft leben und mobil sein wollen. Die Mitmach-Konferenz brachte über hundert Duisburger*innen zusammen, die unsere Stadt nachhaltiger, sicherer und lebenswerter machen wollen.
Die Verkehrsclubs ADFC und VCD organisierten eine Podiumsdiskussion zur Kommunalwahl, einen Impulsvortrag aus der Wissenschaft, drei Workshops und eine kritische Fahrradtour. Die Konferenz zeigte den dringenden Handlungsdruck für eine andere Verkehrspolitik auf. Es wurde deutlich, dass die Menschen Lust und Interesse haben, ihre Stadt mitzugestalten. Die DuiNaMo füllte hier eine große Lücke.
Unsere Ergebnisse werden wir Politik und Verwaltung zur Verfügung stellen und zusammen mit allen Interessierten darauf hinarbeiten, dass viele Vorschläge davon Realität werden.
Resümee und Ausblick
Die DuiNaMo hat gezeigt, dass …
- in Duisburg ganz großer Handlungsbedarf in der Verkehrspolitik herrscht
- wir eine Vision zur nachhaltigen Verkehrsentwicklung brauchen sowie Mut und Entschlossenheit, diese Wirklichkeit werden zu lassen
- viele Menschen Lust haben und sich engagieren, um in Duisburg etwas zu bewegen. Vielen Dank an alle Teilnehmenden und Mitwirkenden!
- diese Menschen auch eine Menge zu sagen haben: Deren praktisches Fachwissen sollte die Stadt als Expertise nutzen.
- wir nicht locker lassen dürfen, um Politik und Verwaltung zu Veränderungen zu bewegen und neue Arbeitsformen mit der Stadt zu entwickeln
Die Themen zu nachhaltiger Mobilität liegen in Duisburg auf der Straße.
Das heißt für uns: Die erste DuiNaMo wird bestimmt nicht die letzte sein.
So muss es weitergehen
Eine visionäre und einfallsreiche Stadtspitze muss mit Mut, Engagement und echten Beteiligungsformaten die Verkehrswende in Fahrt bringen.
Radverkehr: Konzeption und Umsetzung eines leistungsstarken und attraktiven Radverkehrsnetzes unter Beteiligung der Menschen vor Ort
Fußverkehr: Gehwege für sicheren und barrierefreien Fußverkehr freihalten, in den Stadtteilen Problemstellen identifizieren, öffentlich machen und bei den Verantwortlichen Änderungen einfordern
ÖPNV: Gespräche mit Stadt und DVG für Barrierefreiheit, zuverlässige Fahrgastinformation und verbessertes Angebot – mehr Linien und höhere Taktung
Schaffung von echten Mitgestaltungsmöglichkeiten für Menschen, die in Duisburg Fahrrad, Fußwege oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen.
Klare, transparente Konzepte und Planungen mit einem definierten Zeitplan und messbaren Zwischenergebnissen
Das geht nur, wenn wir uns ehrlich machen: Wir brauchen deutlich mehr Budget und Personal für nachhaltigen Verkehr!
Ergebnisse der einzelnen Veranstaltungen
Politische Podiumsdiskussion
Auftakt der DuiNaMo war eine politische Podiumsdiskussion vor dem Hintergrund der Kommunalwahl im September 2025. Wir diskutierten mit Vertretern von SPD, CDU, Junges Duis-burg, Grünen und Linken über die Verkehrs- und Mobilitätspolitik in Duisburg. Fragen zu Rad- und Fußverkehr sowie öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Plänen und Konzepten, diese umweltfreundlichen Verkehrsmittel in Duisburg künftig mehr in den Fokus zu nehmen, sollten Aussagen der Politik einfordern.
ERKENNTNISSE
Die Antworten der Politiker verdeutlichten die momentane Situation: Sie sprachen sich zwar durchaus für bessere Bedingungen für Rad- und Fußverkehr und den ÖPNV aus – waren dann aber doch sehr der aktuellen Situation verhaftet.
Fehlendes Geld und zu wenig Personal wurden beklagt, und immer wieder kamen sie auf den Autoverkehr zu sprechen, um den es eigentlich gar nicht gehen sollte. Die Oppositions-fraktionen führten ihre Anträge z. B. zu Fahrradstraßen oder Lastenrädern an, die jedoch von den Mehrheitsfraktionen stets abgelehnt wurden. Uns als Veranstalter und dem Publikum fehlten konkrete Pläne und Visionen, wie sich Duisburg auf den Weg zu einer menschen- und umwelt-freundlicheren Mobilität machen kann.
Unser Resümee: Wir müssen laut werden, wir müssen immer wieder einfordern, dass wir in einer anderen Stadt leben wollen. Sonst wird in die Verkehrspolitik in Duisburg keine Bewegung kommen.
Impulsvortrag (Rad)Verkehrswende
Am Samstagvormittag hielt Heather Kaths, erste Radverkehrs-Professorin in NRW, einen spannenden Vortrag zur Verkehrswende. Sie entwickelt Konzepte und Instrumente, die eine leistungsfähige Planung, Gestaltung und Bewertung von Radwegenetzen ermöglichen sollen.
ERKENNTNISSE
Die Verkehrswende ist essenziell, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren, den städtischen Raum effizienter zu nutzen, die Lebensqualität zu steigern, die Verkehrssicherheit zu verbessern und die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit zu fördern.
Prof. Kaths zeigte eindrücklich per Animation: Bus- und Radverkehr benötigen pro Person deutlich weniger Platz als Pkw – und beim Start an einer Ampel kommen gleich viele Menschen im Bus oder auf dem Rad deutlich schneller voran als im Auto.
Durch konkurrierende Nutzungen entsteht in der Stadt ein Platzkonflikt: Autoverkehr, Parken, Rad- und Gehwege sowie Grün- und Aufenthaltsflächen. Als Lösung schlägt sie ein hierarchisch geplantes Radwegenetz vor, das Nebenstraßen nutzt statt Hauptverkehrsachsen. Erfolgsfaktoren sind ein durchgängiges Netz, gute ÖPNV-Anbindung, sichere Routen und gut gestaltete Kreuzungen.
Prof. Kaths stellte den Radverkehr als zukunftsweisenden Bestandteil einer nachhaltigen Mobilität vor – ein zentraler Baustein für lebenswerte Städte von morgen. Für Duisburg zeigt sich, wie viel noch anders werden muss – welch weiten Weg die Stadt noch zurücklegen muss.
Fußverkehrs- und Haltestellencheck
Für den VCD Duisburg war es eine Premiere: Der erste Fußverkehrs- und Haltestellencheck in Duisburg. In Neudorf im Bereich des Sternbuschwegs hat sich eine Gruppe vor Ort die Bedingungen für den Fußverkehr angesehen. Wie ist die Situation auf den Gehwegen, sind notwendige, sichere Übergänge über die Straßen vorhanden und wie sind die Haltestellen für Bus und Bahn gestaltet?
ERKENNTNISSE
Das Ergebnis ist gemischt: Einiges ist ganz gut gelungen, z. B. ist ein Teil der Haltestellen für Bus und Bahn in Ordnung, die Gehwege in den Seitenstraßen sind breit genug. Aber es gab auch viel zu beanstanden, wobei das Hauptproblem zugeparkte Gehwege sind. Die Stadt erlaubt dieses Parken, aber es bleibt viel zu wenig Platz für den Fußverkehr.
Zur Überquerung des stark befahrenen Sternbuschwegs fehlen Mittel-Inseln oder Zebrastreifen. An den Haltestellen fehlen teilweise Informationen sowie Sitzgelegenheiten und auch hier gibt es zugeparkte Stellen, wo eigentlich die Fahrgäste aus der Straßenbahn auf den Bürgersteig gelangen sollten.
Die Ergebnisse werden nun verarbeitet, den zuständigen Stellen bei der Stadt und in der Bezirksvertretung vorgelegt.
Auf jeden Fall sollen weitere Fußverkehrschecks stattfinden. Gemeinsam mit anderen Initiativen, z. B. von Menschen mit Handicap, wird der VCD in anderen Stadtteilen die Situation für den Fußverkehr untersuchen, und nicht lockerlassen, Verbesserungen bei Politik, Verwaltung und der DVG einzufordern.
Mapathon
Bei unserem Mapathon arbeiteten 45 engagierte Bürger*innen in lebendiger und konstruktiver Atmosphäre an der Zukunft des Radverkehrs in Duisburg. Gemeinsam wurde intensiv diskutiert und ein Wunschradnetz für Duisburg kartiert.
Für acht Stadtteile lagen Stadtpläne im Format DIN A0 bereit. In Gruppen von sechs bis acht Engagierten trugen wir mit unterschiedlichen Farben ein, wo wir im Alltag mit dem Rad unterwegs sind, welche Wege wir gerne nutzen würden, wenn sie sicher wären, und wo es kritische oder gefährliche Stellen gibt. Wichtige Orte wie Schulen, Behörden oder Einkaufszentren wurden zusätzlich mit Klebepunkten markiert.
Es entstand für jeden Stadtteil ein Wunschradnetz der Menschen, die dort leben und täglich unterwegs sind. Anschließend legten wir das von der Stadt geplante Hauptroutennetz aus dem „Abschlussbericht Mobilitätskonzept” darüber und verglichen beide Netze miteinander.
ERKENNTNISSE
In vielen übergeordneten Verbindungen gab es große Übereinstimmungen zwischen unseren Planungen und dem Konzept der Stadt, gerade in lokalen Verbindungen – aber auch Unterschiede. Hier zeigt sich der Mehrwert Erfahrungen Lokaler.
Die Ergebnisse werden von uns in einer öffentlich zugänglichen Karte online dargestellt, inklusive der identifizierten Gefahrenstellen. Diese Karte soll nicht nur informieren, sondern der Verwaltung auch als konstruktiver Impuls dienen. Wir haben vor, die Ergebnisse mit der Stadtplanung zu besprechen und hoffen, dass unsere Perspektiven aus der alltäglichen Praxis in die weitere Netzplanung einfließen.
Sichere Schulwege
Kinder und Jugendliche sollten im Straßenverkehr gefahrlos an ihr Ziel kommen, doch steigt die Anzahl verunglückter Kinder und Jugendlicher in den letzten Jahren in Duisburg an. Gerade Schulwege müssen sicher sein. Der Workshop profitierte von der Diversität der Teilnehmenden: Die Perspektive von Eltern, Menschen aus Politik, Polizei und dem Bereich Smart City bereicherten den Austausch.
Herausforderungen sehen alle Teilnehmenden vor der Haustüre bzw. auf dem Schulweg der Kinder: schlechte Fahrbahndecken, die Fahrradfahrende auf den Fußweg zwingen, ausgedehnte Ampelschaltungen und Elterntaxis, die ein Sicherheitsrisiko für andere darstellen. Zähe Prozesse mit der Stadtverwaltung machen es schwer, Verbesserungen zu erwirken.
ERKENNTNISSE
Schulwegepläne geben Informationen darüber, welche Wege primär genutzt und entsprechend gesichert werden müssen. Doch verfügen Schulen weder über Kapazitäten noch über Wissen, diese zu erstellen. Private und Mobilitätsvereine bieten – häufig partizipative – Instrumente an, Schulen dabei zu unterstützen. Die Erstellung könnte als Smart City-Angebot konzipiert werden.
Eltern stehen vor vielen Herausforderungen, sodass wenig Zeit für ehrenamtliches Engagement bleibt. Ehrenamtsmanagement könnte helfen, neben Eltern auch andere Zielgruppen wie Großeltern zu motivierten, sich für sichere Schulwege wie Lotsensysteme (Fuß- oder Fahrradbus) einzusetzen.
Die Straßenverkehrsordnung bietet inzwischen Möglichkeiten, Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung auf Schulwegen umzusetzen. Die Einrichtung sicherer Schulwege muss von der Verwaltung priorisiert werden, um schnell Verbesserungen zu erzielen.
Kritische Radtour
Die DuiNaMo endete am Sonntag mit einer verkehrspolitischen Radtour unter dem Motto „Licht und Schatten auf Duisburgs Radwegen und Straßen“.
Die Qualität von Radfahrstreifen wurde zunächst an Duisburgs ältestem Streifen auf der Kardinal-Galen-Straße besprochen. Damals eine Errungenschaft, gilt er heutzutage als zu schmal und führt direkt an parkenden Autos vorbei. Der Abschnitt in Höhe der A59 zeigt, wie man es heute richtig macht.
In Neudorf hatte der ADFC die Umgestaltung der Grabenstraße zu einer Fahrradstraße vorgeschlagen. Ein Antrag dazu wurde allerdings abgelehnt. Eine Radvorrangroute durch Neudorf wird jedoch vonseiten des ADFC weiterhin als notwendig gefordert. Auch in Hochfeld bietet sich eine solche Radvorrangroute auf der Gitschiner und Musfeldstraße an.
Im Nachtigallental ging es erstmals um den Radschnellweg 1, wobei auch 15 Jahre nach der Machbarkeitsstudie unklar ist, ob der RS 1 nördlich oder südlich der Bahntrasse verlaufen soll. In Hochfeld ging es um die Zuwegung zur IGA. Für die Hauptradroute gibt es abschnittsweise einen weniger als 1,5 m schmalen Radweg für beide Richtungen.
Neben (il-)legalem Rad- oder Gehweg-parken wurde zudem über infrastruktu-relle Mängel wie eine große innerstädt-ische Kreuzung gesprochen, wo das Linksabbiegen für Radfahrende baulich überhaupt nicht vorgesehen ist.
ERKENNTNISSE
Eindeutig mehr Schatten als Licht: Die 35 Teilnehmenden waren sich sicher, dass das schlechte Abschneiden Duisburgs beim Fahrradklimatest weitgehend gerechtfertigt ist.
Es ist noch viel Luft nach oben – und nicht alle Maßnahmen kosten viel Geld. Aber die Politik muss entsprechend die Prioritäten setzen: Verkehrsberuhigung und Radvorrangrouten u. a. durch Fahrradstraßen, die Durchsetzung der StVO gegen Falschparken oder die Umsetzung von Qualitätsstandards sind notwendige Mittel für mehr Licht auf Duisburgs Radwegen.